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MEDIZINREPORT: Studien im Fokus

Sicherheit von ADHS-Medikamenten: Das kardiovaskuläre Risiko ist offenbar gering

Dtsch Arztebl 2012; 109(15): A-762 / B-661 / C-657

Heinzl, Susanne

Die bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) angewandten Stimulanzien können Blutdruck und Herzfrequenz erhöhen. Auch Spätkomplikationen der Therapie bis hin zu plötzlichen Todesfällen sind bekannt. Daher wurde in einer großen Kohortenstudie retrospektiv die Frage der kardiovaskulären Sicherheit untersucht.

Für die von der US-amerikanischen Agency for Healthcare Research and Quality und der FDA finanzierten Studie wurden die Daten von mehr als 1,2 Millionen Kindern und jungen Erwachsenen im Alter von 2 bis 24 Jahren aus Versicherungsunterlagen ausgewertet. Die Analyse umfasste 2 579 104 Personenjahre, davon 373 667 unter ADHS-Medikation (Methylphenidat, Dexmethylphenidat, Dexamphetamin, Amphetamin, Atomoxetin, Pemolin). Verglichen wurde die Häufigkeit schwerer kardiovaskulärer Ereignisse (plötzlicher Herztod, Myokardinfarkt, Schlaganfall) von Kindern und jungen Erwachsenen mit und ohne ADHS-Medikation. Insgesamt traten in der Kohorte 81 schwere kardiovaskuläre Ereignisse auf (33-mal plötzlicher Herztod, 9 Herzinfarkte, 39 Schlaganfälle), was einer Häufigkeit von 3,1 Ereignissen auf 100 000 Personenjahre entspricht. Patienten, die ADHS-Medikamente einnahmen, hatten kein erhöhtes Risiko für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (adjustierte Hazard Ratio 0,75). Das kardiovaskuläre Risiko lag damit um ein Viertel niedriger als bei gleichaltrigen Teilnehmern, die keine ADHS-Medikamente eingenommen hatten, allerdings war das Konfidenzintervall weit: 0,31–1,85. Auch verschiedene Subgruppenanalysen ergaben keine eindeutigen Hinweise auf ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko unter ADHS-Medikation. Trotz der hohen Patientenzahl lässt sich aufgrund der geringen Ereignisrate statistisch nicht ausschließen, dass die Ereignisrate unter ADHS-Medikation doch etwas steigt, das absolute Risiko wäre jedoch sehr gering.

Grafik
Rate schwerer kardiovaskulärer Nebenwirkungen unter ADHS-Medikation

Fazit: Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS kommt es durch die Medikation nur sehr selten zu Schlaganfällen oder Herzinfarkten. Die bislang geltenden Vorsichtsmaßnahmen zur Therapie sollten jedoch unbedingt beachtet werden.

Prof. Dr. med. Veit Roeßner, Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Dresden, kommentiert: „Die Behandlung von ADHS mit Stimulanzien gehört zu den bestuntersuchten medikamentösen Therapien bei Kindern und Jugendlichen, sie werden seit mehreren Jahrzehnten klinisch angewandt, mit rascher und guter Wirksamkeit.“ Zudem seien kurz-, mittel- und langfristige unerwünschte Effekte – trotz immer wieder geäußerter entsprechender Vermutungen – relativ selten oder nur vorübergehend. Für neuere Substanzen wie Atomoxetin ergebe sich ein ähnlich positives Bild, allerdings auf Grundlage von weniger Daten.

Die US-amerikanische Zulassungsbehörde weist aufgrund der Studienergebnisse nochmals auf die Kontraindikationen hin: Die ADHS-Medikamente sollten nicht bei Patienten mit schweren Herzkrankheiten angewandt werden (2). Auch Patienten, für die ein Blutdruckanstieg unter der Therapie problematisch wäre, sollten diese Arzneimittel nicht erhalten. Die FDA rät zudem zu regelmäßigen Kontrollen von Herzfrequenz und Blutdruck. Dr. rer. nat. Susanne Heinzl

  1. Cooper W, Habel LA, Sox CM, et al.: ADHD drugs and serious cardiovascular events in children and young adults. N Engl J Med 2011; 365: 1896–904. MEDLINE
  2. FDA Drug safety communication vom 11. November 2011: www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm277770.htm
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